Beauty, on my mind 0

Self Care in Krisenzeiten

Mein Loft und Ich, das ist das Gespann der Stunde. Seit über drei Wochen verlasse ich meine Wohnung nur für einsame Spaziergänge, hastige Lebensmittelgänge und räumlich distanzierte Besuche bei meinen Eltern. Obwohl ich grundsätzlich viel und gerne alleine bin und ein verhältnismäßig zurückgezogenes Leben für eine junge Frau führe, fängt die aktuelle Situation auch an mich zu bedrücken. Eigentlich komisch, denn in meinem Leben hat sich wenig verändert. Ich arbeite jetzt zwar ausschließlich vom Telefon aus und treffe meine Interviewpartner nicht mehr bei einer entspannten Tasse Kaffee, aber arbeiten kann ich zum Glück immer noch. Trotzdem fühle ich mich bedrückt und das liegt wahrscheinlich an vielen Faktoren, die innerhalb der Krise entstanden sind.
Es ist nicht leicht zu wissen, wie viele Menschen gesundheitlich aber auch wirtschaftlich leiden, wie viele Menschen durch die Krise wieder in mühsam abtrainierte Verhaltensmuster oder Süchte zurückfallen werden oder wie schlecht es Menschen geht, die depressiv sind oder in toxischen oder gewaltsamen Haushalten feststecken. Seit einigen Wochen träume ich beinahe jede Nacht einen Monster-Wellen-Traum. In einer Nacht stand ich mit meinem Vater und einem Kollegen auf einer großen, architektonisch anspruchsvollen Brücke, die über ein Meer führte. Zunächst wölbte sich die riesige Welle über uns, dann brach sie über uns zusammen. Wenige Nächte später träumte ich wieder ein ähnliches Szenario. Ich führte ein Interview in einer Strandbar und bemerkte, dass sich die Bewegung meines geliebtes Meeres in meinem Augenwinkel veränderte. Ich stand auf, lief einige Meter Richtung Dünenkamm und wurde dann von einer gigantischen Druckwelle erfasst, die mich aus dem Schlaf riss. Man muss kein Psychologe sein, um die Monster-Wellen-Träume dem Gefühl der Machtlosigkeit und Verlustangst zuzuordnen. Die Corona-Krise hat die ganze Welt in kurzer Zeit verändert, uns innerhalb weniger Wochen Freiheiten beraubt, die fest in unseren Grundrechten verankert sind und mir einmal mehr vor Augen geführt, wie fragil mein Leben aber auch das gesellschaftliche Miteinander ist. Ich habe mich mein Leben lang auf einem wackligen Gerüst bewegt, das wird mir jetzt klar. Morgen kann alles anders sein. Dieser Verlust von Kontrolle und die Realisierung der eigenen Ohnmacht sind das, was mich sorgt.
Trotz des Kummers habe ich es im März jeden Tag geschafft mich aufzuraffen, produktiv zu sein und mein beschauliches Leben zufrieden weiterzuführen. Self Care in Krisenzeiten bedeutet sich zu motivieren, sich um sich und seine Sorgen zu kümmern, aber auch gesund zu essen, Sport zu treiben und Bücher zu lesen, die Geborgenheit, Trost oder Wissen spenden. Welche Bücher das für mich sind, habe ich euch im März bereits verraten – Bücher für ein ganzes Leben.

Zwischen Fleiß und Ruhe  

Ja, Beautyrituale sind ein wichtiger Bestandteil von Self Care, besonders für mich. Ich liebe es mich aufmerksam  um meinen Körper und meine Haut zu kümmern. Minuten unter der heißen Dusche entspannen nicht nur die Muskeln, sondern auch den Geist und ein ausgiebiges Bad mit hübsch glitzerndem Schaum heitert auf. Self Care in Krisenzeiten beutetet aber mehr als Badesalz und feuchtigkeitsspendende Masken. Self Care bedeutet für mich aktuell viel Schlaf, um die Flut an Nachrichten zu verarbeiten und bewusste Zeit, um nachzudenken. Wenn ich spazieren gehe, denke ich über Fehler nach, die ich in meinem Leben gemacht habe und darüber, wie ich mich weiterentwickeln möchte. Ich nutze die Zeit, um zu reflektieren und die aufgezwängte Entschleunigung als Chance zu nutzen.

Ich werde mir darüber bewusst, was in meinem Leben gut funktioniert und an welchen Charakterzügen ich arbeiten muss. Wir werden durch die Krise auf die Probe gestellt und verstehen eines vielleicht so gut, wie noch nie zuvor: Die wichtigste Beziehung ist die, die du mit dir selber führst.
Genauso wie ich von anderen Menschen Disziplin und Fleiß erwarte, erwarte ich auch Ausgeglichenheit und Ehrlichkeit. All diese Tugenden fangen bei mir selber an und genau aus diesem Grund besteht meine Self Care im Moment aus fleißigen Stunden, aber auch aus solchen, die meine Gelassenheit und Ruhe bewahren und schulen. Ich nehme mir die Zeit für Yoga, für Tagträumereien, Albernheit und faule Stunden im Bett, denn darin liegt das Geheimnis für Zufriedenheit. In der Balance, oder nicht? Das jedenfalls ist Self Care in Krisenzeiten für mich. Und ein großer Teller Spaghetti, den ich im Schneidersitz vor dem Fernseher verweilend, verputze ohne einen Funken schlechtes Gewissen.

Redaktioneller Beitrag

You Might Also Like

No Comments

Leave a reply