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Ein verregneter Mai | Inspired by…

Nicht nur die Kategorie „Looks and Life“ hat im Mai ihre Prämiere auf toldme gefeiert, sondern auch „Inspired by…“ geht an diesem Monatsende zum ersten Mal live. Es gibt so viele Filme, Bücher, Musiker, Artikel, Persönlichkeiten und Beiträge, die mich innerhalb eines Monats inspirieren, dass ich sie monatlich gebündelt vorstellen und konservieren möchte. Nicht nur, um sie euch zu empfehlen und zu erklären, welchen Einfluss sie mein Leben hatten, sondern auch um sie für mich zu dokumentieren. Ein guter Artikel oder eine kraftvolle Serie sind oft der Anfang einer Kettenreaktion. Gute Inspirationen können die Quelle großer Recherchen, über ein Zeitalter, eine soziale Bewegung oder Design-Linien sein. Ich liebe es mich von Element zu Element zu hangeln und Schritt für Schritt dem Teil einer Geschichte näher zu kommen, die mein Interesse geweckt hat. Die monatlichen Zusammenfassungen unter der Überschrift „Inspired by…“ sollen die Anfänge dieser Recherchen aufzeigen, euch inspirieren und ein Sammelsurium an Wichtigem, Witzigem und Wertvollem sein.

Teil der Natur 

Im Lockdown habe ich nahezu alle Folgen der „Sternstunde Philosophie“ geguckt, die der Sender SRF Kultur auf YouTube hochgeladen hat. Ich mag das Format, weil die Gespräche meistens grandios geführt und vorbereitet sind und die Gäste über relevante Themen sprechen, die aus der Wissenschaft der Philosophie alltagsrelevante Fragen ableiten. Die meisten Folgen habe ich aufmerksam verfolgt und eigentlich immer bis zum Ende angesehen – das ist ein gutes Zeichen.
Am meisten hat mich das Gespräch mit Philipp Blom beeindruckt. Der Philosoph spricht über das Verhältnis zwischen Natur und Mensch und darüber, dass genau bei dieser Separation das Problem beginnt. Eindrücklich stellt er das dar, was mir unterbewusst immer klar war, aber so viele Menschen vergessen zu haben scheinen: Menschen sind Teil der Natur. Sie stehen nicht außerhalb, sondern sind Teil des Systems. Genauso, wie Bakterien, die Lebewesen eines Flusses oder die Wolken, aus denen es im Mai so viel geregnet hat. Wie die Pandemie unser Selbstbild hoffentlich verändern wird und warum unser kapitalistisches System nicht zukunftsfähig ist, hat Philipp Blom mir veranschaulicht. In seiner Episode der „Sternstunde Philosophie“ gab es unzählige Anmerkungen, die wertvoll für mich waren und persönliche Beobachtungen, die mir ihn sympathisch gemacht habe. An dem Morgen nach diesem Video habe ich den Regen noch etwas mehr geliebt, die Vögel beobachtet, wie sie ihren eigenen und wichtigen Aufgaben nachgehen und darauf geachtet einen möglichst kleinen menschlichen, ausbeuterischen Fußabdruck zu hinterlassen.
Eine wundervolle virtuelle Begegnung – auch, weil mich die Sprache und Betonung von Philipp Blom etwas an meinen Vater erinnert hat.

Rausch und Glanz 

Die Mini-Serie „Halston“ auf Netflix habe ich, Schande über mein Haupt, an einem Wochenende beendet. Als mir der Trailer vorgeschlagen wurde, wusste ich, dass ich die Serie lieben würde. Die Ausstattung, die Musik, das Thema, alles hat mich angesprochen. Obwohl ich den Designer Roy Halston bereits kannte, waren mir einige Details seiner Biografie und seiner Karriere fremd. Ein Grund mehr die Biografie in zehn Folgen zu gucken.
Für mich war die Serie ein Anstoß, um mich ausgiebiger mit der amerikanischen Modewelt zu beschäftigen, denn die habe ich bisher stiefmütterlich behandelt. Über Größen, wie Coco Chanel, Karl Lagerfeld oder Yves Saint Laurent habe ich seit meiner Jugend viel gelesen, aber die amerikanischen Gegenspieler muss ich noch in ihrer Vielfalt studieren. Die Serie „Halston“ zeichnet ein erstes Bild von der rauschhaften Modewelt Amerikas in den 60ern bis späten 80er-Jahren. Die Serie hat nicht nur mein Interesse geweckt noch mehr über Roy Halston herauszufinden, sondern auch über die talentierte Schmuckdesignerin Elsa Peretti und all diejenigen, die den Glanz des damaligen New Yorks, im exzentrischen Studio 54 inszeniert haben. Thema der Serie ist nicht nur das Leben und Werk von Roy Halston. Sie streift auch andere gesellschaftlich relevante Themen, wie das Auftreten des HIV-Virus in den frühen 80ern, das sich rasant in genau der Szene von Halston verbreitete – für mich ein Anfang, um mich mit den Details um die Krankheit, ihre Entwicklung und heutige Therapiemöglichkeiten zu beschäftigen.
Aber abgesehen davon: Die Serie bietet Unterhaltung und trotz aller Tragik einen glanzvollen Einblick in eine Zeit vor einigen Jahrzehnten.

Kunstfreiheit 

Ich erinnere mich gut daran, wie ich die Antilopen Gang und Danger Dan entdeckt habe. Damals war ich 17 und mein Freund trug ein Shirt mit Antilopen-Aufdruck. Dieses Kleidungsstück war der Beginn für eine musikalische Neuentdeckung, die mich in die Welt der klugen deutschen Rapper leitete. Das sind gute Erinnerungen an eine wichtige Zeit, in der ich Kultur und Szenen entdeckt habe, die mir bis dahin fremd waren. Seitdem habe ich Danger Dan nie komplett aus den Augen verloren, immer wieder alte Tracks gehört und auch die Neuerscheinungen verfolgt.
Das Meisterwerk „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ habe ich zum ersten Mal Anfang April gehört, mich aber zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich darauf eingelassen. Als mir eine geschätzte Leserin schrieb und von ihrer Begeisterung über das Stück und bereits vorbestellte Tour-Karten erzählte, habe ich noch einmal aufmerksam hingehört. Danger Dan nutzt seine Kunst, um gegen die Führungsspitzen der rechten Szene zu wettern – jedes Wort an der richtigen Stelle, getragen von einer balladenartigen Klaviermusik. Konkrete Kampfansagen werden von rhetorischen Gerüsten gestärkt und gleichzeitig geschützt. Danger Dan zeigt beeindruckend, wie mächtig Sprache als Werkzeug ist, wie sie uns schützen, aber auch schwächen kann.  Das Grundrecht auf Kunstfreiheit als Thema seiner Veröffentlichung hat mir Gänsehaut beschert. Seine Worte sind bekräftigend und mobilisieren die eigene Sehnsucht klarer gegen Bewegungen aufzutreten, welche gegen die eigenen liberalen Werte verstoßen. Ich habe den Song seitdem unzählige Male gehört und finde ihn herausragend.

                                                               

„Juristisch wär die Grauzone erreicht
Doch vor Gericht machte ich es mir wieder leicht
Zeig‘ mich an und ich öffne einen Sekt
Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“
Zitat aus „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ Danger Dan

Blaue Stunde 

Nick Waterhouse hat sein fünftes Album „Promenade Blue“ veröffentlicht und ich habe mich sehr gefreut, als die Schallplatte zugestellt wurde. Seine Musik ist ein Gruß aus den 50er- und 60er-Jahren. Er trägt den Sound von damals authentisch in die Gegenwart und atmet den lebendigen dichten Blues, der mich vor zehn Jahren auf ihn aufmerksam machte. Auf „Promenade Blue“ findet man den Nick Waterhouse, den man von seinen bisherigen Veröffentlichungen kennt. Seine Musik fetzt, lädt zum Tanzen und Trinken, zum Lieben und Lachen ein und hat genau diesen Groove und Drive, den ich oft vermisse. Nick Waterhouse ist kreativ und herzlich und man merkt, er spielt nicht die Rolle des Vintage Blues Kerls, er ist der Vintage Blues Kerl. Diese Authentizität macht ihn für mich so besonders und ich bin froh, dass die Reise mit der neuen LP weitergegangen ist.

Redaktioneller Beitrag 
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