Leben, Literatur, on my mind, Personal 0

Sally Rooney und die toxische Liebe der Millenials | love stories in style

Das zweite Buch von Sally Rooney „Normale Menschen“ habe ich, genauso wie „Gespräche mit Freunden“, verschlungen und in wenigen Tagen ausgelesen. Viele von euch haben das Buch bereits gelesen und mich auf Instagram mit geteilten Meinungen darüber versorgt. Einige von euch waren ebenso begeistert, wie ich, andere kritisierten die Übersetzung, die manchmal kleinteilige Handlung des Romans oder fühlten sich von der Geschichte emotional nicht angesprochen. Ich habe mich und meine frühen Liebesbeziehungen in diesem Roman wiedergefunden und ich glaube, so geht es einigen mit „Normale Menschen“. Man ist nicht stolz darauf festzustellen, dass man seine jungen Jahre damit verbracht hat an einer Beziehung festzuhalten, die nicht immer leicht war, sondern sich durch ihre regelmäßigen und rauschhaften Höhen und den dazugehörigen Tiefs ausgezeichnet hat. Warum habe ich das Gefühl, dass so viele Menschen unserer Generation mindestens einmal in ihrem Leben in einer toxischen Beziehung festgesteckt haben? Das Bildungsniveau unserer Generation ist hoch, aber vielleicht liegt genau darin das Problem.

Der Roman 

In „Normale Menschen“ schreibt die junge Autorin über ein Paar, das sich in der Schule kennenlernt und eine seltsame, wenn auch typische Dynamik entwickelt, die mir und wahrscheinlich einer Mehrheit unserer Generation bekannt vorkommt. Vielleicht ist es nur mein persönlicher Eindruck, aber mir kommt es so vor, als hätte beinahe jeder von uns mindestens einmal in seinem Leben eine Intimbeziehung erfahren, die zwischen Zuneigung, Macht und magnetischer Anziehungskraft schwangt – oder vielleicht betrifft das auch nur die schrulligen Außenseiter unter uns, zu denen ich mich zählen würde. Sally Rooneys Roman war für mich ein Rückblick auf eine Zeit, die mich geprägt und meine Persönlichkeit geformt hat und trotz oder vielleicht wegen ihrer toxischen Bestandteile bis heute eine Faszination in mir auslöst.
Sally Rooney thematisiert den Übergang von Schule zur Universität, der für viele Menschen der Ausbruch aus festgefahrenen Strukturen bedeutet. Die Wahl über die Gestaltung der Zukunft scheint kriegsentscheidend, die Möglichkeiten schier unendlich. Die Protagonisten, Connell und Marianne, ziehen sich magisch an und scheinen einander das zu geben, wonach sie sich sehnen. Beide sind ungefestigt, emotional belastet und suchen in ihrem Partner das, was ihnen selber fehlt. Das Ergebnis ist eine oft ungesunde Beziehung zwischen Freundschaft und Leidenschaft, die sich in Sex und Handlungen voller Machtstrukturen ergießt. Eigentlich ist die Geschichte von Connell und Marianne keine Liebesgeschichte, sondern viel mehr eine Geschichte über die Suche nach dem eigenen Ich. Sally Rooney erzählt mit dieser Geschichte das, was Menschen in ihrer Phase zwischen Teenager und jungem Erwachsenen oft versuchen: Es ist der Versuch die eigene Unvollkommenheit mit einer anderen Person zu füllen oder zu kompensieren. Erst später, wenn sich die Persönlichkeit gefestigt hat, wird einem bewusst, dass die Lösung für die meisten emotionalen Problem in einem selber liegt. Liebe kann nur dann entstehen, wenn man sich selber akzeptiert.

On-Off-Beziehungen als Teufelskreis 

Marianne und Connell führen über Jahre eine On-Off-Beziehung. Ihre Wege kreuzen sich immer wieder und nach keiner Trennung ziehen sie einen klaren Schlussstrich, sondern bleiben immer, wenn auch nur lose in Kontakt. In einem Jahr lebe sie gemeinsam in einer Wohnung, im anderen Jahr führen sie Beziehungen mit anderen Menschen, schreiben sich aber endlos lange E-Mails. Loszulassen schaffen sie beide nicht und geißeln sich damit nicht nur selber, sondern schaden auch den anderen Menschen in ihrem Umfeld. Sie schenken sich einander die Aufmerksamkeit, die sie brauchen und fallen immer wieder zurück in die Muster, die sich zuerst gut anfühlen und dann zuverlässig zu dem nächsten Bruch führen. On-Off-Beziehungen dieser Art machen süchtig, weil sie trotz Streitereien und Verletzungen den nächsten versöhnlichen Rausch in Aussicht stellen, der sich gut und leicht anfühlt. Es ist diese Intensität, die den endgültigen Austritt aus diesem Teufelskreis erschwert. Wer es schafft sich mehr oder weniger rechtzeitig aus diesen Strukturen zu lösen, kann ihre lehrreichen Episoden für sich nutzen. Gefährlich werden solche Beziehungen dann, wenn sie ganze Biografien oder Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Für mich war der Roman ein gelungene Aufzeichnung genau dieses verkopften Beziehungstypus, der typisch für die gebildeten und strukturierten, aber eben auch verlorenen und suchenden Millenials ist.

Redaktioneller Beitrag 
Rezensionsexemplar und Affiliate Marketing 

You Might Also Like

No Comments

Leave a reply