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Was Freelancer und Gorillas gemeinsam haben | Ein Interview mit Autorin Katharina Katz

Als ich das Buch „Einfach machen“ von Katharina Katz gelesen habe, war ich bereits mitten drin in meiner freiberuflichen Tätigkeit. Wenn man sich direkt nach seinem Studium mit 24 Jahren selbstständig macht, ist man unerfahren und ich wollte mir einige Jahre später das Wissen aneignen, was mir damals fehlte. „Einfach machen“ hat mir dabei geholfen weiterhin an meinem Plan der Selbstständigkeit festzuhalten und an mich zu glauben. Bei welchen Schritten mir das Buch außerdem geholfen hat, habe ich euch damals in einer ausführlichen Review erzählt. Seitdem habe ich die Arbeit von Katharina Katz verfolgt und sie als zuverlässige Quelle für gute Tipps rund um das Thema Gründen schätzen gelernt. Die Autorin, Journalistin und Gründerin eines kleinen Shops teilt nicht nur in ihren Büchern, sondern auch auf Instagram wertvolle Tipps für Freiberufler und insbesondere für freiberufliche Frauen, weil die oft vor anderen Problemen stehen, als Männer.
Das Interview mit Katharina Katz, worüber ich mich sehr freue, beantwortet nicht nur meine Fragen, sondern auch die meiner Leser zur Selbstständigkeit, stiftet Mut und Tatendrang. In ihrem zweiten Buch „Zwischen Laptop und Legosteinen“, das im Juli erscheint, stellt die junge Mutter konkrete Tipps vor, wie Familienleben mit Beruf und Zukunftsplanung vereinbart werden kann. Obwohl ich selber noch keine Mutter bin, freue ich mich sehr auf diese Neuerscheinung. Auch aus der Perspektive von mir als Soziologin wird dieses Buch sicherlich ein wunderbarer Einblick in Rollenbilder und die Struktur der modernen Arbeitswelt geben.

Copyright Yulia Morozova

Liebe Katharina, danke für Deine Zeit und das Interview!
Im Gespräch mit Gründerinnen und Gründern habe ich in meiner Rolle als Journalistin immer wieder erfahren, dass Frauen den Weg in die Selbstständigkeit oft deutlich zaghafter wagen, als Männer. Woran liegt das und wie findet man den Mut dazu eine erste Idee in ein konkretes Konzept und dann in die Realität umzusetzen?
 

Katharina Katz Ich glaube, in dem Fall kommt es auf verschiedene Faktoren an: Was wird gegründet und was muss ich dafür aufgeben. Du hast absolut recht damit, dass Frauen häufig zaghafter sind, das liegt zum einen an unserer Sozialisierung, in der Frauen oft nicht so erzogen werden, dass sie für ihr Können und ihr Wissen einstehen.
Ich bin zum Beispiel jemand, der einfach immer erst einmal davon ausgeht, dass ich die meisten Dinge schon hinkriege. Auch, wenn ich sie noch nie gemacht habe. Ich bin da sehr selbstbewusst, das wird mir oft als männliche Eigenschaft gespiegelt. Und tatsächlich stehe ich in gemischten Business-Runden eher mit den Männern zusammen und wir klopfen uns wie die Gorillas auf die Brust, um zu zeigen wer der Stärkere ist. Dieses grundsätzliche „Lautsein“ wird Frauen und Mädchen oft abgesprochen und ist am Ende eben wichtig, denn du musst für deine Idee und dein Business trommeln, das tut keiner für dich. Das Gute ist aber: Das kann man lernen, ist alles eine Übungssache. Mein Tipp ist vor einem wichtigen Meeting im Auto Musik anzumachen und laut mitzusingen. Das lockert, man atmet tiefer und man war schon einmal laut, häufig fällt es einem dann leichter, auch mit breiterer Brust in einen Termin zu gehen.
Hinzukommt die oben genannte Frage, was muss ich für eine Gründung aufgeben? Dabei schwingt oft der Faktor Familienplanung mit. „Was passiert wenn ich schwanger werde, dann falle ich aus, dann möchte ich vielleicht noch in Elternzeit gehen, gibt es überhaupt Elternzeit wenn man selbstständig ist? Wer bezahlt die? Wie soll ich das alles nebenbei schaffen?“  Das sind Fragen, die sich Männer in der Regel nicht so stellen, weil sie natürlich schon rein körperlich nicht sofort ausfallen. Bei einer Schwangerschaft kann es der Fall sein, dass man schon vor dem Mutterschutz nicht mehr volle Power geben kann.  Selbst wenn man eine gute Schwangerschaft hat, gibt es einfach den Punkt, an dem man ein Kind bekommt. Und selbst wenn man die Pause sehr kurz hält, insgesamt wird man wahrscheinlich Minimum drei Monate bis ein halbes Jahr ausfallen. Die meisten Frauen nehmen ein Jahr Elternzeit und das sind dann schon fast anderthalb Jahre. Danach wieder einzusteigen, ist nicht ganz leicht. Es kostet also Mut, sich darauf einzulassen. Vielen Frauen in meinen Coachings hat das Mantra „Ich treffe keine Entscheidung fürs Leben“ geholfen. Man darf Entscheidung rückgängig machen, man darf auch einfach mal was ausprobieren im Leben und wenn man dann feststellt, diese Selbstständigkeit funktioniert für mich so einfach nicht mehr, dann kann man sich ja wieder für eine Festanstellung entscheiden. Darum empfehle ich oft, wenn es das Konzept zulässt, nebenberuflich zu gründen. Das nimmt auch den Druck, dass man direkt davon leben muss. Ich habe das damals auch so gemacht und erst einmal neben meinem Beruf gegründet und dann festgestellt: Ich bin so ausgebucht, ich brauche jetzt die volle Power und Zeit und springe jetzt ins kalte Wasser  – wärmer wird es nämlich nicht.

Welche Eigenschaften braucht man, um erfolgreich zu gründen oder als Freelancer zu arbeiten? Muss man für diese Arbeitsweise geboren sein, oder kann man sich die nötigen Fähigkeiten auch aneignen?

Katharina Katz Ich glaube, ein gewisses Mindset hilft sehr. Wenn man jemand ist, der grundsätzlich gewissenhaft ist, der pünktlich ist, dem eine Selbstorganisation in die Wiege gelegt wurde, für den sind gewisse Sachen leichter. Das sind aber alles Dinge, die man lernen kann, da muss man sich dann einfach noch mehr Strukturen schaffen und diese abarbeiten.
Für mich sind die wichtigsten Eigenschaften: organisiert sein, strukturiert arbeiten können, kreative Lösungen finden, selbstbewusst für sich und sein Business einstehen und netzwerken können. Wenn man diese Sachen beherrscht oder sich anlernt, kommt man sehr gut durch und wird weit kommen.

Besonders mit einem kleinen Startkapital erscheint der Start für ein Unternehmen, wenn es auch nur aus einer Person besteht, beängstigend. Man neigt dazu alle Aufgaben selber zu erledigen, um Ausgaben zu vermeiden und verzettelt sich dann. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um Aufgaben auszulagern oder sogar eine weitere Kraft einzustellen? 

Katharina Katz Das ist eine super spannende Frage, vor der ich selbst immer wieder stehe. Es gibt Dinge, wie Buchhaltung, bei der ich empfehlen würde, von Anfang an Hilfe in Anspruch zu nehmen – besonders, wenn man sich nicht gut auskennt, das spart am Ende mehr Geld als es kostet. Wenn es jetzt aber um Sachen geht, wie eine Virtual Assistance einzustellen, muss man wahrscheinlich abwägen, was kann ich der wirklich abgeben und was wird erwartet dass es von mir gemacht wird. Wenn man zum Beispiel als freier Journalist arbeitet, dann kann man das Schreiben der Texte nicht abgeben, vielleicht aber die Vorrecherche, das Transkribieren von Interviews oder die Bildrecherche. Wenn ich jemand bin, der Produkte verkauft und ich merke, es kostet mich wahnsinnig viel Zeit diese zu verpacken und zur Post zu bringen und ich könnte in der Zeit vielleicht mehr Produkte fertigen, macht es Sinn, sich Hilfe zu holen. Dann kann man ausrechnen, was eine Hilfe kostet, wie viel Zeit man selbst dafür benötigt und was man stattdessen in der Zeit schaffen würde. Oft stellt man fest, ich spare damit eigentlich sogar noch Geld, weil ich viel mehr produziere.

Wie gelingt Dir persönlich der Spagat zwischen Arbeit und Freizeit? In Deinem neuen Buch, das am 21. Juli erscheint, geht es um die Vereinbarkeit zwischen Privat- und Berufsleben. Ein erster Ausblick auf dieses Thema wäre toll. 

Katharina Katz Meine Bücher bauen immer auf persönlichen Erfahrungen auf, ich habe „Einfach machen“ geschrieben, weil ich von vielen Frauen angesprochen wurde, wie man am besten gründet. Da hatte ich damals einfach ein Word Dokument, das ich immer wieder rausgeschickt habe und irgendwann festgestellt, okay ich glaube, ich mach daraus ein Buch. Das Buch erschien im September 2018 und im Juli 2018 ist meine Tochter geboren, zu dem Zeitpunkt war sie also neun Wochen alt. Ich habe im Wochenbett Interviewfragen beantwortet und meine Buchpromo gemacht, mein Mann hatte Elternzeit. Das war sehr gleichberechtigt.
Nach seinen drei Monaten Elternzeit,  bin ich dann in Elternzeit gegangen, wollte aber eigentlich ganz schnell wieder arbeiten. Was mit kleinem Baby ohne Betreuung einfach mal so gar nicht funktioniert hat. Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt. Als wir dann endlich eine Kinderbetreuung hatten, das war dann September 2019, habe ich wieder angefangen mit meiner Selbstständigkeit und es hat erst mal ein bisschen Zeit gebraucht Akquise zu machen und zu sagen, ich bin wieder da.  Und als es gerade wieder lief, kam Corona und im März sind wir zurück in den ersten Lockdown gegangen und meine Aufträge brachen alle weg, unser Kind konnte nicht mehr in die Kita gehen und ich war eigentlich in der zweiten Elternzeit. Und da ist mir dann auch die Idee für „Zwischen Laptop und Legosteinen“ gekommen, weil ich nämlich genau da gemerkt habe, wie wenig Vereinbarkeit oft in Familien doch noch gelebt wird.
Für mein erstes Buch habe ich mit 20 inspirierenden Gründerinnen gesprochen und hatte erst die Idee, mir jetzt auch 20 inspirierende Familien rauszusuchen, bei denen das super klappt mit der Vereinbarkeit. Bei der Recherche habe ich aber schnell gemerkt, dass  ich von den Familien nicht inspiriert, sondern frustriert war. Ich war manchmal richtig gehend neidisch darauf, dass sie Großeltern hatten, die drei Tage die Woche die Kinder von der Kita abgeholt haben oder ein Kindermädchen oder ein Au-Pair. Die Voraussetzungen waren so anders, dass man die Situationen überhaupt nicht vergleichen konnte. Da habe ich mich entschieden, stattdessen mit Experten über diese Themen zu sprechen und Hilfe und Rat einzuholen. Wir haben verschiedene Themengebiete, die wir dabei behandeln. Das ist einmal der berufliche Bereich, für den ich mit New Work Experten gesprochen habe, die Themen Jobshare und flexible Arbeitszeiten behandle, aber auch die Familie selbst. Hier kann man mit ein paar Tools wie einer Zeiterfassung, Wochenplänen, einer Priorisierungsmatrix oder einem richtig guten Gespräch viel verändern.
Meine wichtigste Erkenntnis war sicherlich: Ist es ein Problem oder ein Plan? Pläne kann man nämlich ändern und manchmal ist dann das Problem gar keines mehr, weil man eine Komponente verändert hat.

Redaktioneller Beitrag 
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